Seollal – koreanisches Neujahrsfest in Changwon

Seollal ist der wichtigste kulturelle Feiertag Südkoreas und wird jedes Jahr am Anfang des Jahres nach dem Mondkalender gefeiert. Es gibt sehr viele verschiedene Traditionen dazu und je nach Familie wird sich mehr oder weniger strikt daran gehalten. Das Neujahr wird meist 3 Tage lang gefeiert, dieses Jahr vom 31.01.2022 bis zum 2.02.2022. Der eigentliche Neujahrstag war dabei der 01.02, 99% aller Geschäfte haben dort zu und es ist deswegen teilweise sehr schwer Essen zu finden xD. Denn nicht nur hatte die Cafeteria der Uni, sondern hatte auch der Convenience-store im Wohnheim zu, mein koreanisches Bankinstitut beschloss zudem alle Bankaktivitäten für 4 Tage aufgrund von Wartungszwecken abzuschalten. Als Ausländer ist es am besten, die Feiertage bei koreanischen Freunden zu verbringen oder sich vorher mit Essen einzudecken, wenige große internationale Ketten wie zum Beispiel McDonalds und BurgerKing hatten allerdings noch offen.

Da die Feiertage auf Montag bis Mittwoch gefallen waren, wurde dieses Mal von vielen Koreanern quasi Freitag Nachmittag bis Mittwoch gefeiert. Die Eltern meiner Freundin luden mich von Freitag bis Sonntag zu sich ein und ihr Vater holten uns auf dem Campus mit dem Hyundai-SUV ab. Die Straßen waren natürlich super voll und der sonst einstündige Weg nach Changwon, einer Planstadt westlich von Busan mit 1 Mio. Einwohnern, dauerte gute 2 Stunden. Changwon bestand früher aus 3 Städten, Masan, Jinju und besagtem Changwon, alle wurden 2010 aber zu einer Stadt als Hauptstadt der Provinz Gyeongsangnam-do zusammengeschlossen. Sie hat aufgrund ihrer vielen Häfen eine recht große Menge an Ausländern, vor allem Indern und anderen Asiaten. Im großen aus mehreren Dutzenden 25-stöckigen Mehrfamilienhäusern bestehenden Wohnblock angekommen wurde erst einmal von Hand ein Wagen aus dem Weg geschoben um parken zu können. Da es öfters einmal zu Parkplatzmängeln kommt, parken die Autos teilweise quer vor anderen oder stehen im Weg, deswegen werden die Handbremsen nicht angezogen, damit die Autos bei Bedarf verschoben werden können.

Die Familie meiner Freundin wohnte im 24 Stock, mit einem wunderbaren Blick über den ursprünglich originalen Stadtteil von Changwon. Ich wurde herzlich von den Eltern und der Schwester begrüßt und neugierig ausgefragt. Zudem hatte die Schwester wenige Minuten vorher die Bekanntmachung über ihre Annahme an einer besonders beliebten Uni gelesen und alle waren in bester Feierlaune. Während die Mutter kochte, machten meine Freundin und ich uns zur nur 3 Minuten entfernten Mall auf und kauften einen großen Becher Baskin Robbins Eiscreme. Changwon ist so angelegt, dass in der Nähe jedes großen Wohnblocks (dieser alleine beinhaltete 6000 Haushalte) mehrere mindestens 10-stöckige Malls mit allen Ärzten, Läden und Freizeitbeschäftigungen, die man sich nur wünschen könnte, in Fußweite standen. Wieder in der Wohnung gab es Kürbispfannkuchen (Jeon) mit Reis und traditionellen Beilagen, die sonst auch für Bibimbab typisch sind. Zum Nachtisch teilten wir und dann das Eis.

Der nächste Morgen startete für die Familie sehr früh. Die Eltern verließen die Wohnung gegen 5 Uhr morgens, um in die Berge wandern zu gehen. Die Schwester ging gegen 6 zur Arbeit im Krankenhaus und meine Freundin stellte sich um die gleiche Uhrzeit am berühmtesten und besten Gimbabstand der Stadt an. Eine ältere Dame verkaufte dort von 6 bis 9 Uhr morgens unglaublich leckere Gimbab mit Thunfisch, Rindfleisch oder getrocknetem Tintenfisch. Ich habe zwar schon sehr viel Gimbab gegessen, eine Reisrolle mit verschiedensten Füllungen, jedoch war mir nie bewusst welches Potenzial das Gericht hat. Zu meiner Überraschung war besonders der getrocknete Tintenfisch lecker (Ich mag kein Seafood). Hauptsächlich schmeckte ich nur die würzige Paste, in der er gelegen hatte, fast schon süßlich, und die Konsistenz war leicht zäh, aber in sehr dünne Streifen geschnitten angenehm erfrischend. Dazu kochte die Mutter zurück von der Wanderung Tteokbokki, scharf würzige Reiskuchen mit Fischkuchen.

Nach dem Frühstück erkundeten wir die Stadt ein bisschen. Zuerst ging es zum „House of Changwon“, einem Freilichtmuseum bestehend aus dem Haus und anderen Gebäuden eines berühmten Gelehrten. Von dort aus fuhren wir mit dem Fahrrad in das Café-Viertel und genossen dort auf einer Dachterrasse mit (tatsächlich salzigem!!) Saltbread das gute Wetter. Weiter mit dem Fahrrad erreichten wir die Mall ihres Wohnviertels und streiften durch den Markt voller traditioneller Snacks und Beilagen, um sie später beim Abendessen gemeinsam zu probieren. Ich durfte mir so viele Dinge wie ich wollte aussuchen hehe.

Zurück in der Wohnung überrasche mich ihre Mutter, sie hatte am Vortag gefragt, was mein Lieblingsgericht sei (Mandu natürlich xD). Also schlug sie vor, wir sollten zusammen Mandu machen. Alle waren begeistert, selbst meine Freundin und ihre Schwester hatten das letzte Mal vor 10 Jahren Mandu selbstgemacht, da sie recht aufwendig zu machen sind. Wir 4 saßen also zusammen am Tisch und falteten was das Zeug hielt. Es erinnerte mich an die wenigen Male, bei denen ich zu Hause gelernt hatte Ravioli zu machen oder wenn ich mit meinem Vater jedes Jahr unsere Knödel rollte. Wenige Minuten gedämpft waren die Mandu auch schon verzehr bereit und sooo lecker. Den Rest des Abends verbrachten wir mit koreanischem Fernsehen, Gequatsche und vielen gescheiterten Versuchen Dalgona zu machen. Wir verkosteten alle meine Gastgeschenke und zum Glück kamen besonders der Wein und die Brotsticks super an~

Wie man Mandu macht:

Mit dem Rest der Mandu Füllung machte die Mutter fürs Frühstück Bratlinge und stellte dazu noch Bulgogikalbi auf den Tisch (Rindfleisch auf eine besondere Weise gewürzt und gebraten). Mit Hotpads bewaffnet fuhren wir zum großen See in der Mitte von Changwon und spazierten eine Runde. Der See war umgeben von Statuen und im See gab es allerlei Vögel und Fische. Seit letztem Jahr beherbergte er auch eine Schwanenfamilie, DIE Attraktion. Nachdem der Vater mit seiner digitalen Polaroid-Sticker-Kamera mehrere süße Fotos als Andenken geschossen hatte, besorgte er uns Vogelfutter und beliebte koreanische Shrimp Snacks. Die Vögel waren verrückt danach und stritten sich um die kleinen gepufften Snacks im Wasser. Zurück im Auto fuhren wir in den Stadtteil Masan, hoch den Berg hinauf über den Campus, auf dem die Mutter dozierte und parkten in einer kleinen Gasse vor lauter alten Restaurants. Drinnen gab es eine Spezialität aus Masan, die selbst viele Koreaner noch nie probiert hatten. Weiße Sojabohnensuppe, leicht gesalzen, mit ganz dünnem gebratenen Reiskuchen. Es erinnerte ein wenig an Haferschleim oder Milchreis und war sehr dicklich, machte aber trotz der 3000 Won (2,30€), die sie kostete sehr satt.

Zu Hause machten wir alle einen großen Nap und wurden von der Mutter mit „Omas Rote Bohnen Pudding“ aus den Betten gelockt. Zum Abendessen gab es ganz im Geiste von Seollal Reiskuchensuppe mit den selbstgemachten Mandu vom Vortag und dazu Chapchae. Extrem leckere gebratene Glasnudeln mit Spinat, Karotten und anderem Gemüse, dazu ein bisschen Fleisch vom Frühstück. Alle Reste wurden natürlich feinsäuberlich eingepackt und mir mit auf den Weg gegeben. Dazu noch eine Menge an Süßteilen, Seife und Hotpacks, damit ich auch ja nicht krank werde. Wirklich super süß. Die ganze Familie fuhr mich wieder zurück ins Wohnheim, es gab ein Abschiedsfotoshooting und eine warme Einladung im Frühlings zur Kirschblütenzeit wiederzukommen.

Ich bin meiner Freundin und ihrer Familie unglaublich dankbar für diese schöne Erfahrung und freue mich schon sehr auf das nächste Mal in Changwon! Ich hoffe, ihr konntet ein wenig über das koreanische Neujahr lernen und habt im Jahr des Tigers viel Glück!

Bis bald~