Seoul im November

18.11.2021, Donnerstag. Wenige Tage vorher hatte ich meine Abschlussprüfung in meinem Sprachkurs bestanden und beschlossen mir einen kleinen Trip zu gönnen. Um Geld zu sparen buchte ich den Mugunghwa, den langsamsten und günstigsten Zug in Korea. Für 29.000 Won konnte ich in 5 1/2 Stunden nach Seoul fahren. Um ehrlich zu sein war es sehr anstrengend so lange in Zug zu sitzen, allerdings war der Zug komfortabler als die erste Klasse der DB! Gegen 6 Uhr morgens verließ ich das Dorm und kam um 7 Uhr am Bahnhof an. Es ist empfehlenswert etwa eine halbe Stunde früher anzukommen, um ungestresst den Zug zu erreichen. Im Vorhinein hatte ich meine Tickets online gebucht, man sollte sie auf jeden Fall als ausgedruckte Papiere dabei haben. Der Zug kam ca. 10 Minuten vor Abfahrt am Gleis an und war recht spärlich besetzt. Die meisten Leute nutzen ihn eher für kurze Strecken, zumindest nicht für eine lange Reise von Busan nach Seoul. Erst gegen Ende der Fahrt bekam ich einen Sitznachbarn, bis kurz vor Seoul waren mindestens die Hälfte aller Sitze leer, sodass man neben der vielen Beinfreiheit zusätzlich noch mehr Platz nebenan hatte. Die Sitze waren nach hinten verstellbar und es gab eine Fußablage unter dem Vordersitz. Die Mitarbeiter fragen nicht aktiv nach den Fahrkarten, sondern schauen stattdessen im System, ob der belegte Sitz auch gebucht war, so konnte man sehr entspannt und leise reisen. Wenn ein Halt angekündigt wurde spielte leise klassische Musik an und eine freundliche weibliche Stimme erklärte ruhig, dass sich die Passagiere langsam fertig machen sollten. Alles in allem ein wirklich entspanntes und recht komfortables Erlebnis, trotzdem waren fast 6 Stunden eine seeehr lange Zeit.

Um 13 Uhr erreichte ich Seoul und wurde schon sehnsüchtig von meiner Freundin erwartet. Sie wohnte in Seoul und wir hatten uns für die 4 Tage ein Hostel in Insadong gebucht. Nach einer innigen Umarmung suchten wir den direkt gegenüber gelegenen Seoul Square auf. In dem Gebäude ist unter anderem die deutsche Botschaft ansässig, im Untergeschoss sind viele verschiedene Restaurants gelegen. Mit Knoblauch Ramen und Deopbab („bedeckter Reis“) planten wir unsere nächsten Tage und machten uns danach auf den Weg zu unserem Hostel.

Das einchecken lief reibungslos, wir legten unsere Sachen ab und fingen an die Gegend zu erkunden. Insadong hat sehr viele schöne Ecken und ist eher ruhig im Vergleich zu anderen Gegenden. Unser erster Stopp war Ssamjigil 쌈지길 ein 4 stöckiges Shoppingcenter, was durch sein offenes Design aber mehr wie ein großer Markt wirkt. Gerade jetzt zur Weihnachtszeit hatte es schon fast ein Weihnachtsmarkt ähnliches Gefühl. Es reihten sich Kunstshop an Kunstshop es gab tausende kleine Lädchen für jede erdenkliche Art von Kunst. In einem Store mit süßen Postern, Karten, Stickern und Magnete mit süßen Katzenmotiven wurden wir fündig, im vierten Stock war das berührmte Poop Café, welches komplett auf Essen und Getränke in Form von Toiletten und Ähnlichem ausgerichtet war. Danach liefen wir durch das Hanok villiage in Insadong, das aus sehr vielen schönen Cafés und Restaurants bestand. Zum Abendessen ließen wir uns in einem Mandu Restaurant nieder, es sah sehr traditionell, etwas schäbig und vollgestopft aus (ein Zeichen, dass es gut sein muss!). Wir holten uns eine Variation an Mandus und Kalgugsu, eine traditionelle koreanische Nudelsuppe. Da ich sehr müde nach der ganzen Anreise war, machten wir uns auf den Weg zurück. Dort kamen wir an einem Stand für Dragonbeard Candy vorbei. Eine chinesische Süßigkeit aus hundertfach gezogenen Zuckerfäden gefüllt mit karamellisierten Nüssen. Gar nicht so süß wie erwartet, eher mild süß! Erschöpft fielen wir ins Bett und schliefen gute 12 Stunden durch.

Den nächsten Tag starteten wir voller Energie mit Tee und Gebäck bei Paris Baguette. Auf unserem Weg zum Hanok Village auf dem Namsan Berg stolperten wir zufällig in den Jokyesa Tempel 소계사 der gerade ein Chrysanthemen Festival hielt. Ein wunderschöner Tempel in der Mitte der Stadt. Nach einer kleinen Weile erreichten wir dann letztendlich das Hanok village auf dem Berg. Da wir früh ankamen, schien es als würde die Stadt noch schlafen. Es war ein wirklich ein schöner Spaziergang und wir quatschten über alles Mögliche.

Unsere nächste Station war Gyeongbokgung, der königliche Palast. Für ca. 30.000 Won liehen wir uns einen Hanbok für 2 Stunden aus. Frisur und Handtasche waren inklusive, in der Nähe waren überall ähnliche Läden, jeder wird einen Hanbok für seinen Geschmack finden! Mit Hanbok gab es sogar kostenlosen Eintritt im Palast. Das Gelände des Palastes war wirklich groß und es gab sehr viel zu entdecken. Der Eingang wurde neben den bunten Wachen von Haetae, einem Dämonen aus Schaf, Ziege, Drache und Löwe bewacht. Dieser sollte den Palast vor Feuer beschützen. 2 Stunden waren das perfekte Zeitfenster um den Palast entspannt anzuschauen.

Wir knipsten in einem Fotobooth noch ein paar Erinnerungsfotos und besuchten für das Mittagessen den Tongin Markt. Natürlich bestellte ich meine geliebten und bisher besten Mandu, meine Freundin Sundae, koreanische Blutwurst und Kimbab. Als Nachtisch holte ich mir Sikhye, einen traditionellen Reisdrink. Neben vielen Essensständen gab es allerlei Krimskrams, Stoffe und vieles mehr zu kaufen. Im zweiten Stock gab es einen Markt speziell für Hanboks. Es war wirklich interessant, die Stoffe und eleganten Modelle anzusehen. Da wir schon in der Nähe von Dongdaemun waren besuchten wir das DDP (Dongdaemun Design Plaza). Ein Freund meiner Freundin hielt dort eine Ausstellung für seinen Abschluss als Floral Designer. Ich muss sagen, die Werke waren alle wirklich beeindruckend und äußerst kreativ. Zum Abschluss des Tages genossen wir ein Brownie Bingsu, shaved Ice, ein traditioneller Nachtisch in Korea. Glücklich und erschöpft gingen wir auch an diesem Abend ins Bett.

Tag 3 begann sehr entspannt wieder mit Paris Baguette, danach machten wir uns auf ins Zentrum. Wir streiften durch Gangnam, besuchten „WAVE“ ein großes Kunstprojekt auf einem riesigen Bildschirm, schlenderten durch die COEX Mall und besuchten den Kakao Friends flagship store. Nachmittags trafen wir uns mit einer weiteren Freundin in einem Hundcafé. Die Hunde waren super flauschig und es war eine wirklich süße Erfahrung. Abends trafen wir uns mit vielen weiteren Freunden des OAIs und deren Freunden in einem deutschen Restaurant zum Essen. Von Bratwurst über Spaghetti Bolognese bis Schnitzel, alles auf der Karte wurde bestellt. Zum Abschluss gab es Milchtee in einem Café und wir plauderten bis tief in die Nacht. Auf dem Rückweg zu unserem Hostel probierte ich einen koreanischen Corndog (in Zucker gewälzt mit Ketchup am besten!). Ein wunderschöner erfüllender letzter Abend in Seoul und wirklich schön viele meiner Freunde wiederzusehen.

Am nächsten Morgen gingen wir wie gewohnt zu Paris Baguette und liefen über den Campus der Konkuk Universität. Zu Mittag gab es Jajangmyeon (Nudeln mit schwarzer Bohnenpaste) JJamppong (scharfe Nudelsuppe mit Seafood) und Tangsuyuk (süß saures frittiertes Schweinefleisch). Etwas wehmütig machte ich mich auf den Weg nach Hause und kam gerade noch so vor Curfew im Wohnheim an.

Ich fand Seoul wirklich schön und sogar viel schöner als erwartet. Die Reise war die perfekte Auszeit nach all den harten Wochen. Das Wetter war angenehm kühl nur die Luftqualität war schrecklich. Wir hatten die Tage mit den höchsten Werten der Feinstaubbelastung des Jahres erwischt. Ungesund aber tatsächlich gab es einen fast schon romantischen milchigen Filter über der Stadt. Seoul ist so riesig, dass man locker 10 Tage oder länger alleine mit Sightseeing füllen könnte. Ich freue mich nächstes Jahr noch einmal für längere Zeit vorbeizuschauen!

Bis nächstes mal~

Ein Tag am 해동용궁사 (Haedongyonggung Tempel)

04.09.2021. Genau wie beim letzten Mal wurde ich auch hier wieder sehr spontan am Abend vorher eingeladen am nächsten Morgen wandern zu gehen. Wo genau es hinging, war auch wieder eine Überraschung und so machte ich mich in leichter Wandermontur auf zur Wohnung meiner Freunde… Die mit wunderschönen Kleidern angelaufen kamen. Natürlich hab ich nicht die Info bekommen, dass die „Wanderung“ nur ca. 15 Minuten dauern und über ganz normale Straßen gehen würde. Ein bisschen underdressed ging es erst mit der U-Bahn und dann mit dem Bus Richtung Norden. Von der Bushaltestelle aus gingen wir um den Campus des „National Institute of Fisheries Science“ und kamen recht schnell an kleinen Restaurants und vielen Touristenständen vorbei. Mit einem älteren Herren verhandelte ich über den Preis meines Hutes und bekam das Prachtstück für stolze 13.000 Won (10€). Tatsächlich war der Hut eine gute Investition, denn die Sonne schien erstaunlich hell – entgegen aller Wettervorhersagen – und sogar dem starken Wind konnte der Hut trotzen. Kurz nach den Ständen fing auch schon der Bereich des Tempels an. Begrüßt wurden wir von den 12 Statuen der 12 chinesischen Sternzeichen, danach kam eine weitere große Statue und ein Bereich, in dem für Sicherheit im Straßenverkehr gebetet werden konnte (In Busan wirklich nötig…). Für das richtige Feeling lief über Lautsprecher eine CD mit den typischen Gebeten, die die buddhistischen Mönche dort unter ständigem schlagen auf hölzerne Glocken regelmäßig aufsagen.

Die 12 Sternzeichen als Statuen dargestellt
Die steinerne Figur des Autoreifens lädt zum Beten ein

Wir gingen durch das wunderschön mit Drachen verzierte Tor und konnten bereits das Meer und den Tempel sehen.

Nach links ging es zu einer weiteren kleinen Stelle für die Mönche zum Beten und runter an das Meer. Von dort aus konnte man wunderschöne Bilder vom Tempel schießen.

Der Tempel vom Seitenweg aus

Wir beschlossen erst einmal ans Meer zu gehen und die Gegend zu erkunden, da eine unserer Freundinnen den Tempel skizzieren wollte. Entlang der Küste gab es einen sehr schönen Weg zu einem Hafen. Wir machten immer wieder eine kleine Pause, um auf die Steine zu klettern und Bilder zu machen. Unabhängig vom Tempel ist auch die Gegend um den Tempel selbst wunderschön.

Der Tempel in der Ferne
Der Blick auf das Meer vom Weg aus entlang der Küste
An dieser Stelle des Meeres gibt es keinen Sandstrand, sondern Steine über die man klettern kann

Nach einiger Zeit machten wir uns auf den Weg zu unserer Freundin, um den Tempel gemeinsam zu erkunden. Um zu dem Tempel zu kommen, muss man über eine steinerne Brücke gehen. Rechts von der Brücke gab es Becken, in die man Geld werfen konnte, um sich etwas zu wünschen. Natürlich traf keiner von uns genau in die kleine Schale in der Mitte, aber zumindest landeten unsere Münzen alle im Wasser.

Der Bereich um sich etwas zu wünschen ist umgeben von vielen steinernen Figuren (sogar einer Robbe)

Vom Hof des Tempels aus gab es sehr viele Ecken, in die man Erkunden gehen konnte. Wir teilten uns aus und begannen die Erkundungstour. Ich lasse einfach mal ein paar Bilder hier, die können das Ganze am besten beschreiben.

Der Tempelhof mit Blick auf das Meer
Ein für Besucher geschlossener Raum
Ein mehrere Meter hoher goldener Buddha
Hier können auch Besucher beten
Das Dach des größten Gebäudes (alle sind schön verziert)
Hinter den Gebäuden gibt es Treppen auf zu einer Plattform mit wunderschönem Ausblick
Eine große Statue vor der auch gebetet wurde und die auf das Meer hinausschaut

Der Tempel ist sehr bekannt in Korea und besonders bekannt in Busan. Vermutlich wegen Corona waren gerade morgens kaum ausländische Touristen dort. Ein Besuch in dem Tempel lohnt sich auf jeden Fall, allerdings ist auch die Gegend um den Tempel rum sehr interessant. Auf dem Weg zurück erkundeten wir das Industriegebiet in der Nähe und gingen zum Lotte-Outlet. Es ist ein riesiger Komplex mit hunderten super teuren Marken wie Gucci etc., allerdings gibt es auch eine Shopping Mall für Geschäfte mit normalen Preisen, ein Kino und vieles mehr. Man könnte alleine dort den ganzen Tag verbringen. Die Mall ist sehr schön gestaltet, man fühlt sich fast als wäre man im Süden Europas im Urlaub.

Das Lotte-Outlet von außen

Im Nachhinein machten wir noch einen kleinen Abstecher zu Fuß zu Ikea. Es ist wirklich seltsames Gefühl, vom Tempel aus zu Fuß direkt ins Industriegebiet zu kommen, allerdings war es ein echt schöner Tag, den wir mit leckeren Burgern beendeten. Ich hoffe, euch hat mein gestriger Ausflug gefallen und ich freue mich schon von meinen nächsten Erlebnissen zu berichten~

Wanderung zum Seokbulsa Tempel (12 Stunden nach einem Taifun)

26.08.2021 8:35 Uhr. Ausgestattet mit Wasser, Keksen und Sonnencreme machten wir uns auf den Weg unsere Begleitung einzusammeln. Am Vortrag hatte ich zwei nette Mädchen (auch Austauschstudenten an meiner Uni) kennengelernt! Die beiden luden mich dann recht spontan zu einer Wanderung zum Seokbulsa Tempel am nächsten Morgen ein. Der Tempel liegt oben auf dem Berg Geumjeong im Norden von Busan, zum Fuße des Berges kommt man gut mit der braunen U-Bahn Linie. Wir planten mit dem Cablecar auf den Berg zu fahren, der Eingang dazu liegt im Geumgang Park.

Eingang des Parks

Direkt nach dem Eintreten wurden wir von 2 aufgeregten, netten älteren Damen angesprochen, die sich selbst „forest commentators“ nannten. Erst dachten wir sie wollten uns vielleicht etwas verkaufen, da sie uns die ganze Zeit Lupen in die Hand drückten und meinten wir sollten uns die Blüten, die sie in unsere Hand steckten, genau anschauen. Tatsächlich wollten sie uns aber die besonderen Pflanzen des Waldes näher bringen und waren ganz entzückt, dass sie uns all ihr Wissen preisgeben konnten. Besonders in diesem Wald war Dongbaekggot, eine wunderschöne Pflanze mit roter Blüte, die die Stadtpflanze von Busan ist und nur dort wächst, da es in den anderen Teilen des Landes dafür zu kalt ist. Danach brachten sie uns noch verschiedene Spiele bei, die wir auf unserer Wanderung spielen könnten: koreanisches Schere, Stein, Papier bei dem jeder 4 Stängel eines Grases hat, wer gewinnt, darf eins davon abknicken und wer am Ende keine Gräser mehr hat ist der Sieger. Außerdem hatten sie aus den getrockneten Stängeln einer Pflanze große Ringe hergestellt und hatten natürlich einen Ringwurfstab dabei. Sie bestanden darauf, dass jeder einmal versuchte möglichst viele Ringe auf den Stab zu platzieren und feuerten uns engagiert an. Die Begegnung mit den zwei Damen war absolut bizarr aber so goldig, da die zwei eindeutig ihren Job liebten und vor Freude platzten uns all diese Dinge zu zeigen. Natürlich gab es auch eine große Fotosession und die Bilder unseres Treffens werden bestimmt noch vielen anderen Leuten stolz gezeigt werden hahaha.

Danach zeigten sie uns den Weg zum Cablecar und wir verabschiedeten uns. Wandern ist DER Volkssport in Korea und man trifft besonders viele ältere Damen und Herren, die in ihrer Freizeit die Berge erklimmen. Schon auf dem Weg zum Cablecar trafen wir die ersten Herrschaften, die leicht belustigt und leicht erstaunt über uns jungen Ausländerinnen meinten, wir sollten uns beeilen, die nächste Bahn würde gleich fahren. Die Bahn fährt alle 20 Minuten bis 20 Uhr auf den Berg und hinunter. An der Station angekommen waren wir ganz alleine und Mitarbeiter fragten sehr bemüht auf Englisch welche Karten wir wollten, raundütüripü oder wonü weii. Nach einigen Minuten kam dann die Bahn, die wir mit der Mitarbeiterin ganz für uns alleine hatten. Die Fahrt auf den Berg ist nur wenige Minuten lang aber die Aussicht ist grandios.

Oben angekommen wurden wir von dem Mann im Häuschen an der Bahn begrüßt. Als wir erzählten, dass wir zum Seokbulsa Tempel wollten, war er erstaunt und schon fast besorgt um uns. Er fragte noch einmal, ob wir uns auch nicht versprochen hätten und meinte der Weg sei ganze zwei Stunden lang und ob wir dort wirklich hinwollten. Er schaute auf einer alten handgezeichneten Karte nach dem besten Weg dorthin und wir verglichen die Route mit der von Kakao Maps (Koreanisches Google Maps).

Der Bereich direkt um die cablecar Station auf dem Berg

Wir machten uns auf den Weg und schon in den ersten 10 Minuten verliefen wir uns. An manchen Stellen war der Weg leider etwas missverständlich oder nicht ausgezeichnet. Die Wege sind wegen des Taifuns am Vorabend ziemlich mitgenommen gewesen und die Wassermengen waren später auch noch eine kleine, große Herausforderung. Nach der ersten halben Stunde des Weges kamen wir mitten im Nichts an einem Restaurant vorbei. Es hatte mit seinem rustikalen Look sehr viel Charme und man saß direkt im Wald. Wir bestellten eine Sprite und ruhten uns ein bisschen aus. Nach und nach kamen immer mehr ältere Herrschaften und bestellten Maggeolli (Koreanischer Reiswein), spielten Kartenspiele um Geld oder trafen sich zum Reden an einem der vielen Tische. Es wirkte alles sehr eingespielt als wäre das schon seit Jahren ein Ritual und war wirklich schön mit anzusehen.

Das Ambiente des Restaurants, im Rücken direkt der Wald
Ein süßer junger Hund neben dem Restaurant

Wir machten uns nach einiger Zeit wieder auf den Weg und nette Herren wiesen uns zur richtigen Abzweigung. Nach einer weiteren halben Stunde befanden wir uns vor dem Südtor, die erste Etappe war geschafft und bis dahin war der Weg auch noch recht einfach und nur leicht beschädigt.

남문 (das Südtor)

Ab hier begann das richtige Abenteuer und auch die Schilder waren immer öfter nur noch auf Koreanisch. An einer Stelle wurde man durch ein sehr kleines Dorf mit Hütten und Häuschen, vermutlich das der Restaurantbesitzer und anderer weniger Einwohner geführt und fühlte sich wirklich wie in deren Vorgarten und etwas fehl am Platz. Der Weg wurde immer mehr wie ein Trampelpfad und der Regen des Vorabends höhlte viele Geh Bereiche aus, sodass man über oder durch Rinnsale laufen musste. Auch wurde es immer mehr zu einem über Steine und Baumstämme Klettern und der Weg wurde immer steiler (zum Glück nach unten und nicht nach oben). Außerdem berührte man jetzt fast immer Gräser und Pflanzen mit den Beinen, als würde der Weg nur sehr selten genutzt werden. Ab hier fühlte es sich wie ein echtes Abenteuer an, als würden wir wie kleine Kinder den Urwald entdecken.

Eine nicht sehr vertrauenerweckende Brücke über einen der Bäche der mittlerweile zu einem schnellen Strom geworden war

Es war sehr schön, fast überall im Wald war irgendwo Wasser zu hören und nach einer Weile kamen wir an einem Wasserfall an. Er fiel in ein Wasserbecken und floss dann als Strömung weiter über ein paar Steine Bergabwärts. Neben dem Wasserfall pausierte eine koreanische Familie und schaute uns interessiert zu. Der Weg führte nämlich durch den Strom, doch normalerweise war der Wasserpegel wesentlich niedriger und man könnte entspannt über ein paar Steine laufen. Eine von uns dreien war mutig genug einfach durch die Strömung und über die Steine zu laufen, wir anderen zwei hatten jedoch Höhen- und vor allem Fallangst und zögerten. Die Steine waren rutschig und die Gefahr sich zu verletzten nicht gerade klein. Ich war tatsächlich an dem Punkt angelangt wieder umzukehren zu wollen doch die Koreaner versuchten uns zwei zu ermutigen. Als wir uns immer noch nicht bewegten stand eine ältere Dame auf und lief barfuß zu uns rüber. Sie stieg in die Strömung und zeigte mir an auf ihren Rückten zu steigen. Die gute Dame war nicht nur mindestens 4-mal so alt wie ich, sondern auch kleiner, leichter und vor allem barfuß in der Strömung. Wäre sie ungünstig gefallen hätte sie sich vielleicht ihren Kopf aufgeschlagen oder wäre weiter flussabwärts gestürzt. Nachdem ich mehrfach dankend abgelehnt hatte, kam nun ein älterer Herr zur Hilfe und beide gaben uns eine Hand, um uns über den Strom zu helfen. Sicher an der anderen Seite angelangt war ich absolut beeindruckt von der Aufmerksamkeit und Hilfe der beiden, die selbstlos mit ihren Hosen ins Wasser gingen, nur um uns zwei Angsthasen zu helfen.

Die zwei älteren Herrschaften waren unsere ehrenhaften Retter
Die süße Omi in Action

Nach diesem Abenteuer kamen dann die vorletzte recht entspannte aber steile Etappe. Nach einer Weile trafen wir auf eine Straße und hatten 3/4 der Strecke geschafft. Es warteten nur noch 600 Meter steil steigende, schlangenförmige Straße bei 31° C und vermutlich 97% Luftfeuchtigkeit auf uns. An einer Art Fitnessstudio im Wald machten wir erst mal eine kurze Pause und bereiteten uns mental auf die letzten 600 Meter vor.

Das Fitnessstudio (Warum würde man das nach so einer Wanderung noch tun?!)

600 Höllenmeter später hatten wir es geschafft! Der Tempel ist sehr klein und neu, er wurde erst 1930 erbaut. Da er allerdings den meisten Touristen unbekannt ist (und vermutlich zu anstrengend zu erklimmen) hatten wir den Tempel quasi für uns alleine und konnten die Ruhe und Aussicht genießen.

Auf dem Weg nach Hause hatten wir keine Energie mehr den ganzen Weg wieder zurück zu nehmen und beschlossen der Straße den Berg hinunter zu folgen. Wir kamen an einem kleinen Stand mit Tischen vorbei und bestellten Bibimguksu, sehr leckere kalte scharfe Nudeln, perfekt nach der Wanderung. Dazu gab es Eistee mit Kaffeeextrakt (keine Ahnung warum da Kaffee drin war haha) und eine Fläschchen Soju.

Das kleine Restaurant mit typisch koreanischem Charme
비빔국수 (wörtlich gemischte Nudeln)

Nach der Stärkung kamen wir spontan an einem schönen Café vorbei und genossen ein letztes Mal die Aussicht.

Caramel Macchiato
Das Café von innen war fast genauso schön wie die Aussicht

Nach einigem Hin und Her, Gefrage auf Koreanisch und fast über den Haufen gefahren werden schafften wir es ca. 8 Stunden nach Aufbruch in den Bus auf den Weg nach Hause. Es war eine wirklich tolle Erfahrung mit so vielen kleinen und großen schönen Augenblicken und Begegnungen. Der Tag war komplett anders als erwartet aber hat mich so unglaublich glücklich gemacht und wieder wie ein Kind fühlen lassen. Meine nächste Wanderung ist schon angedacht, da werde ich euch natürlich auch wieder hin mitnehmen~